Ansehen der Journalisten tatsächlich gestiegen?

29. April 2011 um 10:23 | Veröffentlicht in Journalismusforschung, Journalisten, Kapitel_3 | 2 Kommentare

Das Institut für Demoskopie Allensbach fragt alle paar Jahre in repräsentativen Bevölkerungsbefragungen nach dem Ansehen ausgewählter Berufe – dieses Mal mit einer überraschenden Erkenntnis: „Journalisten haben im Vergleich zur vorhergehenden Untersuchung deutlich an Ansehen gewonnen“, heißt es in einer Pressemitteilung vom April 2011. Die Resonanz? Das NDR-Medienmagazin ZAPP berichtet über die Studie, erwähnt das überraschende Ergebnis aber nicht, sondern stellt im Gegenteil fest: „… eigentlich haben Journalisten einen wirklich schlechten Ruf. Zu diesem niederschmetternden Ergebnis ist gerade wieder die Umfrage eines Meinungsforschungsinstituts gekommen.“

Können wir auf Grundlage dieser Studie tatsächlich etwas über den Wandel des Berufsprestige aussagen? – Vermutlich kaum, denn die Studie hat ein gravierendes methodisches Problem. Folgende Frage wird seit 1966 in einem Mehrjahresrhythmus an die Bevölkerung gerichtet: „Hier sind einige Berufe aufgeschrieben. Könnten Sie bitte die fünf davon heraussuchen, die Sie am meisten schätzen, vor denen Sie am meisten Achtung haben?“ Den Befragten wird dabei eine Liste mit Berufen vom Arzt über den Pfarrer, den Rechtsanwalt, den Ingenieur, den Politiker, den Studienrat bis zum Gewerkschaftsführer vorgelegt. Das Problem ist aber, dass die Liste jedes Mal anders aussieht: Manchmal sind es 22 Berufe (2005), manchmal 17 (2008) oder auch 18 (2011). Und die Berufsbezeichnungen sind auch unterschiedlich: So wandelt sich zum Beispiel der „Lehrer“ (2005) zum „Grundschullehrer“ und „Studienrat“ (2008) und dann wieder zum „Lehrer“ (2011). Es ist natürlich relevant, ob Journalisten zu den fünf Auserwählten gehören, wenn aus 22 oder aus 17 ausgewählt werden soll (und was die Konkurrenz ist). Ein konkreter Vergleich über Jahre hinweg – also eine Tendenz – ist also mit dieser Studie nicht möglich. Nur eine isolierte Momentaufnahme. In diesen Momentaufnahmen landen die Journalisten allerdings regelmäßig in der zweiten Hälfte. Das ist die einzige Konstante. Der Ruf ist zwar nicht der beste, aber auch nicht der schlechteste – schon gar nicht „niederschmetternd“. Interessant ist, dass im Gegensatz zum Journalisten der „Fernsehmoderator“ – wenn er denn auf der Liste steht (wie 2005 und 2011) – immer an letzter oder vorletzter Stelle landet. Und dabei sind wir wieder beim Definitionsproblem: Ist der „Fernsehmoderator“ Journalist?

2 Kommentare

  1. […] Berufsprestigeskala: Nachdem es die Buchhändler inzwischen gewohnt sind, erwischt es jetzt die Journalisten. […]

  2. Ich glaube einige haben Respekt vor der (vermeintlichen) Macht der Journalisten. Aber echtes Ansehen ist das wohl eher nicht. Zumindest gewinne ich nicht den Eindruck, wenn ich mit den „normalen“ Menschen auf der Straße über diesen Beruf spreche.

    Das liegt vielleicht auch daran, dass „Journalist“ nach wie vor keine geschützte Berufsbezeichnung ist. Denn das macht es schlechten Journalisten besonders leicht, den Ruf der Branche zu verderben.

    Aber natürlich haben es Kritiker, wie sie Journalisten nun mal sind, generell nicht sehr leicht. „Bad news are good news“, aber wer stets über Schlechtes schreibt, kann dafür wohl kaum noch Ansehen verlangen. Vor allem nicht, wenn bad news auch noch schlecht aufbereitet und falsch dargestellt werden – was in letzter Zeit leider nicht selten der Fall war. Doch die Gründe und Ursachen für das tendenziell eher schlechte Ansehen der Journalisten (nicht aller!) hier umfassend zu erläutern, dürfte den Rahmen eines Blogkommentars wohl sprengen.

    Ich werde mir jetzt erst einmal den ZAPP-Beitrag anschauen, vielen Dank für den Hinweis.


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