Journalismus 3.0: Trend Datenjournalismus
9. September 2011 um 10:36 | Veröffentlicht in Internet, Kapitel_5, Kapitel_7, Qualität | 5 KommentareWas kommt nach dem Web 2.0? – Seit Jahren gibt es etliche Spekulationen, wie sich das Internet und der Online-Journalismus weiter entwickeln werden. Ein Trend zeichnet sich immer deutlicher ab: ein Journalismus, der Datensätze anschaulich visualisiert – nicht nur in zweidimensionalen Infografiken, die in den 90er Jahren entwickelt wurden, sondern vor allem in interaktiven Grafiken, in denen die Nutzer navigieren und sich die Daten auf eigene Weise erschließen können.
Im Lehrbuch „Journalistik“ stelle ich die Berichterstattungsmuster des Journalismus vor. Der neue Datenjournalismus gehört zum Typus des Präzisionsjournalismus, der schon 1973 von Philip Meyer (University of North Carolina at Chapel Hill) im Buch „Precision Journalism“ beschrieben wurde: Der Journalist bedient sich (sozial-)wissenschaftlicher Methoden, um auf Basis wissenschaftlich erhärteter Faktizität präziser berichten zu können. Das Rollenbild ist dann nicht der „Vermittler“ (wie im „Objektiven Journalismus“) oder der „Wachhund“ (wie im Investigativen Journalismus), sondern der „Forscher“. Neue Methoden erweitern die Möglichkeiten und beziehen zum Beispiel die Nutzer in die Datensammlung mit ein (Stichwort „Crowdsourcing“).
Wer sich näher damit beschäftigen und lernen möchte, was einen guten Datenjournalismus ausmacht, der findet inzwischen viele Ankerpunkte im Internet. Einige Beispiele:
- Journalistik-Studierende der Hochschule Darmstadt haben unter Leitung von Annette Leßmöllmann und Lorenz Lorenz-Meyer ein umfassendes Dossier zum Datenjournalismus recherchiert und aufbereitet.
- Die Redaktion von Zeit online zeigt seit geraumer Zeit immer wieder gute Beispiele zum Datenjournalismus (z.B. über die Todesopfer rechter Gewalt oder das Umfeld von Kernkraftwerken). In einem „Data-Blog“ begleiten sie die Projekte und erzählen über Erfolgsfaktoren und „How to do“. Jüngst hat Lorenz Matzat Bilanz gezogen („Datenjournalismus ist eine große Chance“) und in einem Interview über seine Erfahrungen berichtet („Viele hadern noch mit der Idee Open Data“).
- Ein Beispiel, das in den letzten Wochen oft erwähnt wurde, sind die „Hurricane Tracker“ us-amerikanischer Medien (vgl. z.B. von der NY Times).
- Das „eu-parlameter“ von zdf.de ist ein herausragendes Beispiel, wie Datenjournalismus Transparenz in politische Zusammenhänge bringen kann – eine ureigene Aufgabe des Journalismus.
- Viele Beispiele werden auch im „Datablog“ des Guardian gezeigt und erklärt.
Nachtrag (26.9.): Zeit online hat mit einem Datenjournalismusprojekt einen der renommierten Online Journalism Awards gewonnen. Herzlichen Glückwunsch!
5 Kommentare
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Entries und Kommentare feeds.
Ich habe nichts gegen den Inhalt hier im Speziellen und die Weiterentwicklung des Journalismus im Allgemeinen (im Gegenteil – Datenjournalismus ist eine tolle neue Facette resp. Ergänzung des Journalismus), was mich jedoch stört ist die Bezeichnung „Journalismus 3.0“. Ich kann schon „web 2.0“ nicht mehr sehen/lesen und hoffe, dass uns ein „web 3.0“ (Was soll das sein? Das semantische Web, lange als web 3.0 gehandelt, wird es so nie geben wie es ursprünglich gedacht war; das hat Facebook zum Teil ersetzt, überrollt, obsolet gemacht.) erspart bleibt.
„web 2.0“ steht meiner Auffassung nach für die (Möglichkeit der) Beteiligung des Einzelnen im Netz/in einer digitalen Gruppe/Plattform, Social Media ist ist wohl die passendere Bezeichnung. Die Bezeichnung „Journalismus 3.0“ ergibt für mich in diesem Zusammenhang jedoch daher keinen Sinn.
Comment by Daniel— 10. September 2011 #
[…] danach kommen erst “Menschen”, “Liebe” und “Christus”). Der “Trend Datenjournalismus” ist vorbildlich umgesetzt. Es finden sich viele Beispiele, die man so oder ähnlich in jeder […]
Pingback by Projekt zum Datenjournalismus « Journalistik— 20. März 2012 #
[…] Ein Trend zeichnet sich immer deutlicher ab: ein Journalismus, der Datensätze anschaulich visualisiert – nicht nur in zweidimensionalen Infografiken, die in den 90er Jahren entwickelt wurden, sondern vor allem in interaktiven Grafiken, in denen die Nutzer navigieren und sich die Daten auf eigene Weise erschließen können. (Journalistik 3.0 Trend Datenjournalismus) […]
Pingback by Datenjournalismus – Alles nur ein Trend? « Medienplanet— 23. April 2012 #
[…] Ein Trend zeichnet sich immer deutlicher ab: ein Journalismus, der Datensätze anschaulich visualisiert – nicht nur in zweidimensionalen Infografiken, die in den 90er Jahren entwickelt wurden, sondern vor allem in interaktiven Grafiken, in denen die Nutzer navigieren und sich die Daten auf eigene Weise erschließen können. (Journalistik 3.0 Trend Datenjournalismus) […]
Pingback by Datenjournalismus – Alles nur ein Trend? | Dominik Leitner— 30. Januar 2013 #
[…] Ein Trend zeichnet sich immer deutlicher ab: ein Journalismus, der Datensätze anschaulich visualisiert – nicht nur in zweidimensionalen Infografiken, die in den 90er Jahren entwickelt wurden, sondern vor allem in interaktiven Grafiken, in denen die Nutzer navigieren und sich die Daten auf eigene Weise erschließen können. (Journalistik 3.0 Trend Datenjournalismus) […]
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