Nebenaspekt der CSU-Pressesprecher-Affäre: Kumpanei zwischen Bayerischem Rundfunk und CSU
24. Oktober 2012 um 21:02 | Veröffentlicht in Allgemein, Öffentlich-rechtliche, Ethik, Kapitel_7, Kommunikationsfreiheit, Qualität | 6 KommentareIn der Berichterstattung heute über die Affäre um den Anruf des CSU-Pressesprechers Hans Michael Strepp beim ZDF gibt es einen Nebenaspekt, der ziemlich unterging, den ich aber für bedenklich halte, weil der den Umgang zwischen Journalisten des Bayerischen Rundfunks und der CSU offenlegt. Der Bayerische Rundfunk berichtet (Audio von Nikolaus Neumaier, Leiter der Redaktion Landespolitik im Hörfunk):
Strepp schickte dem BR-Korrespondenten Oliver Mayer-Rüth (ARD-Fernsehen) eine SMS und fragte: „Wissen Sie eigentlich, ob ARD heute was macht zu Ude in Nürnberg? Danke für Info“. Daraufhin bekam er als Antwort: Die ARD mache nichts, vielleicht mache der BR was.
Erstens: Dass ein Parteipressesprecher am Sonntag um 9.41 Uhr eine derartige SMS schreibt, zeugt davon, dass ein enges Verhältnis zwischen ihm und dem Fernsehjournalisten herrscht und solche Anfragen offenbar ganz normal sind.
Zweitens: Die einzige richtige Antwort des Journalisten müsste sein: „Das geht Sie gar nichts, aber schon rein gar nichts an.“
Stattdessen plaudert der Journalist redaktionsinterne Planungen über die Berichterstattung über den SPD-Parteitag an den CSU-Mann aus. Es gibt ganz offensichtlich eine Kumpanei zwischen dem BR-Fernsehen und der CSU – zumindest zwischen dem BR-Korrespondenten im ARD-Hauptstadtstudio und der CSU-Pressestelle.
Dies wird in der Berichterstattung über die ganze Affäre sonst nicht thematisiert (vgl. z.B. 1, 2, 3, 4, auch nicht im ARD-Tagesschau-Beitrag zur Affäre). Oder ist mir was entgangen?
Wenigstens stimmte dann die Berichterstattung am Ende (entgegen der Auskunft des BR-Journalisten): Beide öffentlich-rechtlichen Sender, ARD und ZDF, berichteten in ihren Nachrichtensendungen sowohl über den CSU- als auch über den SPD-Landesparteitag. Wer weiß: Vielleicht hat die Tagesschau-Redaktion in Hamburg ja am Ende anders entschieden, als die BR-Journalisten im ARD-Hauptstadtstudio wollten?
Nachtrag (26.10.2012): Ich habe heute mit dem BR-Korrespondenten Oliver Mayer-Rüth telefoniert. Er sagte, die SMS von Strepp an ihn sei „unüblich“ gewesen und seine sofortige Antwort eine „höfliche Geste“. Er wehrt sich gegen den Vorwurf der Kumpanei; schließlich habe er von sich aus dazu beigetragen, die Sache zu veröffentlichen und damit transparent zu machen (via den oben erwähnten Audio-Beitrag von B5-aktuell). Da gebe ich ihm Recht: Wenn er tatsächlich ein Kumpan des CSU-Pressesprechers wäre, hätte er geschwiegen.
6 Kommentare
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Da hilft keine Journalistenausbildung, befürchte ich. Die Namen bekanntgeben!
Comment by Egbert Manns— 24. Oktober 2012 #
Sorry, aber das ist leider nicht das erste Mal, das ich sowas höre. Die SMS zwischendurch hab ich selbst in verschiedenen – durchaus namhaften – Redaktionen so schon mitbekommen
Comment by Petra— 24. Oktober 2012 #
Eine SMS eines Parteipressesprechers an einen Journalisten ist ja grundsätzlich OK, wenn es um Information bzw. Werbung in eigener Sache geht. Nicht in Ordnung ist a) wenn er Information über die Berichterstattung zum politischen Gegner einfordert und b) wenn der Journalist ihm diese Info postwendend auch noch zukommen lässt.
Comment by Klaus Meier— 25. Oktober 2012 #
Die „Kumpanei“ zwischen Politik und Sendern ist natürlich immanent im öffentlich-rechtlichen System angelegt. Hätte Dobrindt (ZDF-Verwaltungsrat) angerufen oder gesimst, hätten wir davon nie erfahren. Ohne die SZ wäre das womöglich nie an den Tag gekommen; vielleicht gab es hier beim ZDF eine „undichte“ Stelle. Strepp hat womöglich einfach nur übertrieben; normalerweise dürften solche Einflußnahmen subtiler und vor allem geräuschloser erfolgen. Er musste natürlich schnell gehen, damit die CSU-Spitze „sauber“ bleiben kann.
Comment by Gregor Keuschnig— 25. Oktober 2012 #
Korrektur meines Kommentars oben: Dobrindt ist Mitglied des ZDF-Fernsehrates (nicht des Verwaltungsrates)
Comment by Gregor Keuschnig— 25. Oktober 2012 #
Ich darf hier mal ein bisschen aus dem „ARD-Innenleben“ plaudern (keine Geheimnisse, keine Bange). Aber die Kritikpunkte hier sind m. E. nicht stichhaltig. 1. Zu fragen, welche Themen geplant sind, ist nicht unbedingt illegitim. Manchmal stehen die schließlich schon im Videotext, im Internet oder sonstigen Programmfahnen. Darüber ist ja auch nichts über den Inhalt/die Machart eines Beitrages gesagt. 2., hier viel wichtiger: Sie missverstehen die sehr komplexe Struktur der ARD. Es ist gar nicht möglich, ein Thema von interessierter Seite komplett zu verhindern. Denn jede Landesrundfunkanstalt hat ihre eigenen Redaktionen, die Entscheidungen treffen. Der BR-Reporter hat völlig korrekt geantwortet, dass er in Berlin nichts dazu macht. Das haben schließlich andere Leute in Nürnberg erledigt. Und die Tagesschau wiederum (wie die Hörfunksendungen, die Aktuelle Stunde im WDR usw usw) wählen aus dem Berichterstattungspool aus. Sie können davon ausgehen, dass jeder Landesparteitag bis nach Hintertupfingen mit einem Reporter besetzt ist, und der kann von jeder Sendung angefordert werden.
Comment by Henri— 25. Oktober 2012 #