Wenn der Markt versagt: Wie Journalismus finanziert werden kann
23. November 2012 um 21:45 | Veröffentlicht in Internet, Journalismusforschung, Journalistik, Kapitel_7, Kommunikationsfreiheit, Qualität, Zeitung | 4 KommentareNach dem Ende der Financial Times Deutschland (FTD), der Nürnberger Abendzeitung und der Insolvenz der Frankfurter Rundschau wird nun wieder mehr darüber diskutiert, wie tagesaktueller Journalismus – außerhalb der öffentlich-rechtlichen trimedialen Rundfunkanstalten – langfristig finanziell überleben kann (vgl. den Beitrag in der heutigen ARD-Web-Tagesschau mit einem Interview von mir). Dabei geht es auch um die Frage nach der Zukunft des lokalen und regionalen Journalismus. Der NRW-Medienstaatssekretär Marc Jan Eumann hat einen interessanten Diskussionsbeitrag gemacht, über den u.a. Spiegel online berichtet und den er selbst ausführlich darstellt („Wie wir in Zukunft Öffentlichkeit finanzieren“): Eine Stiftung zur Förderung von journalistischer Vielfalt könnte Recherche-Stipendien für Journalisten und Redaktionen vergeben.
Der Medienredakteur der F.A.Z., Michael Hanfeld, sieht das kritisch, aber er ist auch bekannt für seinen Konfrontationen gegen die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten und eine eher plumpe schwarz-weiß-Darstellung; er kann sich offenbar nur marktfinanzierten Journalismus vorstellen.
Der Schweizer Journalistik-Professor Vinzenz Wyss hat in einem Facebook-Beitrag auf verschiedene kommunikationswissenschaftliche Ansätze verwiesen. Diese Links möchte ich hier dokumentieren:
In der Medienwissenschaft hat Marie Luise Kiefer interessante Finanzierungsmodelle angetippt: Das sollte man mal gelesen haben. In der Schweiz hat sich insbesondere Manuel Puppis vom IPMZ mit den Fragen beschäftigt. Seine Gedanken sind publiziert, z.B. in dem jüngst erschienenen Buch „Gehen den Leuchttürmen die Lichter aus?“ Und seine Gedanken wurden auch an einem Parlamentarieranlass vom Verein Medienkritik Schweiz diskutiert. Dazu das Papier hier. Man sollte bei der Diskussion wissen, dass keine – also auch keine medienwissenschaftlich ernst zu nehmende – Position vorschlägt, dass der Staat da irgendwas finanzieren soll. Staatsferne ist selbstverständlich gesetzt. Dennoch muss der Staat hier an der Organisation solcher Modell mitwirken. Es gibt hier also nicht plumpes Schwarz/Weiss.
Auf der Facebook-Seite von Vinzenz Wyss kommentiert Marc Jan Eumann:
Wir müssen streiten! Wieviel Vielfalt wollen wir? Wieviel Geld soll wer und warum in die Hand nehmen? Wie sichern wir Unabhängigkeit? Wie gelingt Transparenz? Fragen über Fragen. Es stellen sich noch mehr. Wichtig ist: Der Streit lohnt. Es geht um ein wichtiges Gut: Die Herstellung von Öffentlichkeit durch Journalistinnen und Journalisten, ohne die Demokratie nicht funktioniert. Nebenbei: Es gibt doch viele Beispiele, wo der Staat finanziert, aber die Unabhängigkeit gewährleistet ist: Die Deutsche Forschungsgemeinschaft, Max-Planck-Institute sind nur zwei. Lasst uns gute Argumente sammeln. Und klar ist auch: Es gibt keinen Königsweg…
Ich finde es wert, diese Punkte öffentlich zu diskutieren. Deshalb habe ich diese Aussagen, die ja bei Facebook nur einen begrenztes Publikum erreichen und vergänglich sind, hier dokumentiert. Aber natürlich ist das alles noch nicht zu Ende diskutiert. Unsere Gesellschaft ist erst am Anfang einer wertvollen Debatte, welchen Journalismus wir uns leisten wollen.
Nachtrag (24.11.): Die Schweizer Kommunikationswissenschaftler Cédric Wermuth und Kurt Imhof im Interview.
Korrektur (24.11. abends): Cédric Wermuth ist Politiker. Er sitzt für die SP im Schweizerischen Nationalrat (vgl. Kommentare). Prof. Dr. Kurt Imhof ist Professor für Publizistikwissenschaft und Soziologie an der Uni Zürich; er leitet den Forschungsbereich Öffentlichkeit und Gesellschaft, in dem regelmäßig das Jahrbuch „Qualität der Medien“ herausgegeben wird.
Interview zum neuen Spiegelblog und zur Reaktion der Tagesschau auf einen Facebook-Shitstorm
1. Oktober 2012 um 10:55 | Veröffentlicht in Ethik, Internet, Kapitel_7, Qualität, Redaktion | Kommentare deaktiviert für Interview zum neuen Spiegelblog und zur Reaktion der Tagesschau auf einen Facebook-ShitstormDer Spiegel hat ein neues Redaktionsblog, in dem zum Beispiel der hauseigene Medienjournalist Stefan Niggemeier bei Kollegen kritisch nachfragt – und die Tagesschau müht sich im Redaktionsblog um Schadensbegrenzung, weil Facebook-Nutzer sich massiv darüber beschwert haben, dass die Proteste in Madrid am Dienstag, 25.9., nicht in die 20 Uhr-Ausgabe gekommen waren. Das sind zwei Anlässe für die Redaktion der Sendung „Markt und Medien“ des Deutschlandfunk, das Thema Offenheit und Transparenz von Redaktionen und den Umgang mit einem kritischen Netz-Publikum zu thematisieren (Sendung vom 29.9.). Das Interview mit mir kann man hier nachhören.
Hintergrund: Das Thema begleitet mich schon länger, z.B.: Unsere Studie zu Transparenz und Vertrauen im Journalismus sowie weitere Infos zu Transparenz in anderen Redaktionen und ein früheres Interview 2009.
Social TV: „rundshow“-Experiment des Bayerischen Rundfunks
4. Mai 2012 um 9:30 | Veröffentlicht in Internet, Kapitel_4, Kapitel_7, Qualität | Kommentare deaktiviert für Social TV: „rundshow“-Experiment des Bayerischen RundfunksÜber dieses Projekt ist schon viel gebloggt und erzählt worden (zuletzt zum Beispiel bei den Netzpiloten oder beim Organisator und Macher Richard Gutjahr selbst oder als Pressemitteilung des BR oder vor allem im rundshow-Blog). Ich möchte hier kurz darauf hinweisen, weil ich es für ein spannendes Experiment halte: Ab 14. Mai wird der Bayerische Rundfunk vier Wochen lang testen, wie das interaktive Internet mit dem linearen Fernsehen kombiniert werden kann. Die „rundshow“ will täglich 30 Minuten Live-Interaktion ausprobieren: von Montag bis Donnerstag um 23.15 Uhr.
Mitten in der heißen Vorbereitungsphase gibt Gutjahr am Dienstag, den 8. Mai, in einem 75minütigen Webinar des Forums für Journalismus und Medien Wien (Fjum) Einblick in das Innovationsprojekt. An dem Webinar kann jeder mitmachen und Fragen stellen (ab 17.30 Uhr) – mit vorheriger Anmeldung.
Projekt zum Datenjournalismus
20. März 2012 um 9:54 | Veröffentlicht in Internet, Journalistik, Kapitel_5 | Kommentare deaktiviert für Projekt zum DatenjournalismusStecken auch in einer kleinen Stadt journalistische Themen in Daten? Kann man auch in einer kleinen Stadt Daten bekommen, auswerten und journalistisch präsentieren? – Ja man kann. Eichstätter Journalistik-Studierende haben ein Projekt zum Datenjournalismus unter der Leitung von Jörg Pfeiffer abgeschlossen. Herausgekommen ist zum Beispiel ein interaktiver Szeneguide (mit z.B. Flirtfaktor, Bierpreis und Musikstil), eine Grafik zu den Studentenstädten in Deutschland oder eine Textwolke aus allen Reden und Predikten des Bischofs (das Wort „Kirche“ wird neben „Gott“ bzw. „Gottes“ am häufigsten verwendet, danach kommen erst „Menschen“, „Liebe“ und „Christus“). Der „Trend Datenjournalismus“ ist vorbildlich umgesetzt. Es finden sich viele Beispiele, die man so oder ähnlich in jeder Lokalredaktion umsetzen könnte.
Journalismus 3.0: Trend Datenjournalismus
9. September 2011 um 10:36 | Veröffentlicht in Internet, Kapitel_5, Kapitel_7, Qualität | 5 KommentareWas kommt nach dem Web 2.0? – Seit Jahren gibt es etliche Spekulationen, wie sich das Internet und der Online-Journalismus weiter entwickeln werden. Ein Trend zeichnet sich immer deutlicher ab: ein Journalismus, der Datensätze anschaulich visualisiert – nicht nur in zweidimensionalen Infografiken, die in den 90er Jahren entwickelt wurden, sondern vor allem in interaktiven Grafiken, in denen die Nutzer navigieren und sich die Daten auf eigene Weise erschließen können.
Im Lehrbuch „Journalistik“ stelle ich die Berichterstattungsmuster des Journalismus vor. Der neue Datenjournalismus gehört zum Typus des Präzisionsjournalismus, der schon 1973 von Philip Meyer (University of North Carolina at Chapel Hill) im Buch „Precision Journalism“ beschrieben wurde: Der Journalist bedient sich (sozial-)wissenschaftlicher Methoden, um auf Basis wissenschaftlich erhärteter Faktizität präziser berichten zu können. Das Rollenbild ist dann nicht der „Vermittler“ (wie im „Objektiven Journalismus“) oder der „Wachhund“ (wie im Investigativen Journalismus), sondern der „Forscher“. Neue Methoden erweitern die Möglichkeiten und beziehen zum Beispiel die Nutzer in die Datensammlung mit ein (Stichwort „Crowdsourcing“).
Wer sich näher damit beschäftigen und lernen möchte, was einen guten Datenjournalismus ausmacht, der findet inzwischen viele Ankerpunkte im Internet. Einige Beispiele:
- Journalistik-Studierende der Hochschule Darmstadt haben unter Leitung von Annette Leßmöllmann und Lorenz Lorenz-Meyer ein umfassendes Dossier zum Datenjournalismus recherchiert und aufbereitet.
- Die Redaktion von Zeit online zeigt seit geraumer Zeit immer wieder gute Beispiele zum Datenjournalismus (z.B. über die Todesopfer rechter Gewalt oder das Umfeld von Kernkraftwerken). In einem „Data-Blog“ begleiten sie die Projekte und erzählen über Erfolgsfaktoren und „How to do“. Jüngst hat Lorenz Matzat Bilanz gezogen („Datenjournalismus ist eine große Chance“) und in einem Interview über seine Erfahrungen berichtet („Viele hadern noch mit der Idee Open Data“).
- Ein Beispiel, das in den letzten Wochen oft erwähnt wurde, sind die „Hurricane Tracker“ us-amerikanischer Medien (vgl. z.B. von der NY Times).
- Das „eu-parlameter“ von zdf.de ist ein herausragendes Beispiel, wie Datenjournalismus Transparenz in politische Zusammenhänge bringen kann – eine ureigene Aufgabe des Journalismus.
- Viele Beispiele werden auch im „Datablog“ des Guardian gezeigt und erklärt.
Nachtrag (26.9.): Zeit online hat mit einem Datenjournalismusprojekt einen der renommierten Online Journalism Awards gewonnen. Herzlichen Glückwunsch!
Neue Studie zu Transparenz und Vertrauen im Journalismus
9. Mai 2011 um 11:35 | Veröffentlicht in Ethik, Internet, Journalismusforschung, Kapitel_1, Kapitel_5, Kapitel_7, Qualität, Redaktion | 3 KommentareWie können Journalisten Transparenz gegenüber ihrem Publikum herstellen? Und: Schafft Transparenz tatsächlich mehr Vertrauen in Redaktionen und journalistische Produkte? – Transparenz ist zu einem neuen „Buzzword“ geworden und liegt im Trend der digitalen Öffentlichkeit, ist aber nicht eindeutig, sondern widersprüchlich und komplex zu bewerten. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie, die ich zusammen mit Julius Reimer und Studierenden am Institut für Journalistik der TU Dortmund zwischen Oktober 2009 und Juli 2010 durchgeführt habe. Die Forschungsergebnisse sind nun in einem Aufsatz in der Fachzeitschrift Publizistik erschienen. Der Beitrag ist an vielen Unis aus dem Campusnetz heraus kostenlos abrufbar (das Abstract für alle sichtbar).
Ich habe mich in diesem Blog schon häufig mit Transparenz beschäftigt und einige Möglichkeiten beschrieben, wie Journalisten transparenter mit ihren Nutzern umgehen können. Eine Möglichkeit ist z.B. die „Live-Reportage“, bei der Journalisten ihren gesamten Rechercheprozess offenlegen – noch vor der „eigentlichen“ Veröffentlichung (ein Beispiel). Für den Aufsatz haben wir nun systematisch zusammengetragen, welche Chancen und Risiken es dabei gibt. Vor allem muss man unterscheiden zwischen Produkt und Prozess: Bei der Produkt-Transparenz benennen Journalisten die Quellen und deren Interessen (z.B. durch Links zu Quellen). Die redaktionelle Transparenz oder Prozess-Transparenz lässt das Publikum in die redaktionellen Abläufe und Entscheidungen blicken (z.B. in Blogs und Foren zum redaktionellen Arbeiten wie z.B. im Tagesschau-Blog) – man berichtet in gewisser Weise über sich selbst, was nicht unproblematisch ist. In der Studie denken wir über Qualitätsmaßstäbe für diese Selbstberichterstattung nach: Das Ideal der „Objektivität“ wird ersetzt durch „offene Selbstreflexion“. In den Redaktionen ist ein Diskussionsprozess darüber nötig, was „gute“ und „schlechte“ Selbstberichterstattung ist.
Immer wieder wird behauptet, Transparenz führe zu mehr Vertrauen, weil sie Qualitätsbewertungen durch das Publikum ermöglicht. Dies haben wir in einer empirischen Studie erstmal überprüft. Es ist nicht möglich, hier alle Ergebnisse im Detail wiederzugeben, aber ein Ausschnitt aus dem Fazit soll die Erkenntnisse exemplarisch zeigen:
Bisher empirisch nicht belegte, aber vor allem in der Ratgeberliteratur immer wieder behauptete Annahmen müssen künftig deutlich vorsichtiger und differenzierter betrachtet werden: Links zu Quellen im Online-Journalismus zum Beispiel sind nicht grundsätzlich vertrauenswürdiger, sondern wirken vor allem in Kombination mit redaktioneller Offenheit. Im Print-Journalismus dagegen bringen Selbstdarstellung und die Nennung von Kontaktmöglichkeiten des Autors (vgl. Initiative Tageszeitung 2007) keinen Vertrauenszuwachs; vielmehr sollte in Beiträgen offen mit Quellen umgegangen werden.
Einschränkend ist allerdings zu sagen, dass die gefundenen Korrelationen in der Regel eher schwach ausgeprägt sind. Und es wurde auch nur der Effekt eines einmaligen Einsatzes von Transparenz-Elementen gemessen. Es ist jedoch plausibel anzunehmen, dass Vertrauen langsam über wiederholte positive Erfahrungen aufgebaut wird. Selbst-Transparenz von Redaktionen könnte so bei mehrfachem Gebrauch durchaus zu einem stärkeren Vertrauenszuwachs in ein journalistisches Produkt und in eine Redaktion führen – vor allem im Kontext eines umfassenden Qualitätsmanagements. Dafür haben wir erste Indizien gefunden; der Zusammenhang müsste indes mit einem anderen, eventuell längerfristigen Forschungsdesign nicht im Labor, sondern im Feld weiter untersucht werden.
Nachtrag (20. 3. 2012): Experimentelle Projekte zur transparenten Redaktion werden immer zahlreicher. Ein aktuelles Beispiel: Das ZEITmagazin startet die Aktion „Das Heft Ihrer Wahl“ und ruft seine Leserinnen und Leser in der kommenden Ausgabe Nr. 13 vom 22. März 2012 dazu auf, Themenvorschläge auf einer speziell entwickelten Website einzugeben, zu diskutieren und darüber abzustimmen. Die Redaktionskonferenz dazu am 7. Mai 2012 wird per Live-Stream übertragen. Das Heft erscheint am 21. Juni 2012.
Audio-Bilder-Geschichte: Die Auferstehung einer totgesagten Erzählform – neue Beispiele
2. Juni 2010 um 8:23 | Veröffentlicht in Internet, Kapitel_5, Qualität | 4 KommentareTotgesagte leben länger. In einer differenzierten und intensiven Diskussion im Januar 2010 wiesen die besten deutschen Produzenten und Analysten von Audio-Bilder-Geschichten (u.a. Fabian Mohr, Fabian Schweyher, Steffen Leidel und Fiete Stegers) darauf hin, dass sich diese neue Erzählform im deutschen Online-Journalismus nicht durchgesetzt hat. Es stimmt, dass sich dieses Format nicht für jede journalistische Geschichte eignet. Es stimmt aber auch, dass Porträts mit Protagonisten, die etwas zu erzählen und zu zeigen haben, sich meist ganz hervorragend für Audio-Slideshows eignen – und zwar besser als Video oder reiner Text+Bild. Porträts im weitesten Sinne: nicht nur über einzelne Menschen, sondern auch über Gruppen, Projekte und Organisationen bis hin zu Kneipen und speziellen Locations.
In den vergangenen Monaten wurden zwei wichtige Journalistenpreise für Audio-Slideshows vergeben: Die Geschichte einer Münchner Kneipe von Matthias Eberl erhielt den Deutschen Reporterpreis. Das Porträt einer ehemaligen DDR-Sportlerin den Axel-Springer-Nachwuchsjournalistenpreis.
In einem Seminar am Institut für Journalistik der Universität Dortmund haben Studierende diese neue Erzählform getestet. Herausgekommen sind Stücke, die ich für ein großartiges Plädoyer dafür halte, dass Audio-Sideshows ein Potential haben, das in der breiten deutschen Landschaft des Online-Journalismus nicht ausgereizt ist. Aber überzeugen Sie sich bitte selbst und geben Sie ein Feedback (entweder hier oder direkt bei Pflichtlektuere.com).
Wir haben vielfältige Erkenntnisse gewonnen. Unter anderem: Erkenntnis I: Man muss eine singuläre und emotionale Story erzählen, die nicht nur gute O-Töne und Atmo bietet, sondern auch gute Fotos. OK – diese Erkenntnis ist nicht neu. Sie kann aber nicht oft genug betont werden. Man darf sich nicht in zu komplexen Geschichten verstricken, kann aber dem porträtierten Menschen ganz nahe kommen – ich bin fest davon überzeugt, dass man ihm näher kommen kann als mit einer Video- oder TV-Geschichte. Erkenntnis II: Soundslides ist eine wundervolle Software für Einsteiger, hat aber Grenzen. Viele Studierende haben mit Video-Software gearbeitet (u.a. iMovie, Final Cut etc.). Der Einheitlichkeit halber, haben wir alles als YouTube-Video ausgespielt.
Wolfgang Blau: „Dem Journalismus geht es erstaunlich gut”
17. Mai 2010 um 20:57 | Veröffentlicht in Internet, Journalisten, Kapitel_7 | Kommentare deaktiviert für Wolfgang Blau: „Dem Journalismus geht es erstaunlich gut”Heute nur ein Hinweis auf eine erstaunlich gute Analyse von Wolfgang Blau, Chefredakteur von Zeit online. Er schlägt in die gleichen Kerben wie immer wieder auch Alan Rusbridger (Guardian). „Man muss kein Idealist sein, um dem Journalismus ein goldenes Zeitalter vorauszusagen.”
Redaktionelle Transparenz und redaktionelle PR bei der NYTimes: Wie eine Redaktion mit Videos aus der Konferenz für sich selbst wirbt
24. März 2010 um 9:58 | Veröffentlicht in Ethik, Internet, Journalismusforschung, Kapitel_7, Qualität, Redaktion, Zeitung | 1 KommentarÜber redaktionelle Transparenz habe ich hier schon oft gebloggt: über Video-Blattkritik bei der Bild-Zeitung, über offene Redaktionen mit Videos aus Konferenzen und internen Diskussionen in Schweden und den USA und über Transparenz durch Leseranwälte und Redaktionsblogs. Seit 22. März sendet die New York Times ein tägliches Video aus der Redaktion: Der so genante TimesCast ist – wie so häufig bei derartigen Formaten – eine Mischung aus einerseits Transparenz und Offenheit über redaktionelle Entscheidungen und andererseits redaktioneller Public Relations für die Arbeit der Redaktion und die Marke NYTimes. Man kann Ausschnitte aus der Redaktionskonferenz sehen oder bekommt Erklärungen von Journalisten über den speziellen Zugang zu einzelnen Geschichten. Im Gegensatz zu den Videos aus der Redaktion der Nachrichtensendung “Aktuellt” des schwedischen öffentlich-rechtlichen Senders SVT (Projekt 2007-2009 „Offene Redaktion“) hat man bei der NYTimes jedoch den Eindruck, dass es fast ausschließlich um PR geht – und weniger um Offenheit gegenüber den Nutzern über Debatten und Konfliktlinien in der Redaktion.
Es ist noch längst nicht geklärt, wie Redaktionen mit den neuen Möglichkeiten der Transparenz im Internet umgehen sollen – eine neue handwerkliche Frage, aber auch eine ethische Frage. Und eine Forschungsfrage: Führt Transparenz tatsächlich zu mehr Vertrauen? – In Vorträgen (vgl. z.B. 1, 2) und jüngst in einem Buchbeitrag habe ich auf diese neuen Chancen und Risiken hingewiesen (vgl. auch mein Interview im Deutschlandfunk zu diesem Thema).
Mehr über Journalismus nachdenken – nicht über Geschäftsmodelle. Und: Sich nicht hinter Paywalls einschließen
16. März 2010 um 11:07 | Veröffentlicht in Internet, Kapitel_7, Zeitung | Kommentare deaktiviert für Mehr über Journalismus nachdenken – nicht über Geschäftsmodelle. Und: Sich nicht hinter Paywalls einschließenDer Chefredakteur des britischen Guardian, Alan Rusbridger, hat im Vorfeld zur Tagung „Journalism 2020“ in Wien zwei Interviews gegeben, die beide lesenswert sind: für diepresse.com und derstandard.at. Er verteidigt noch einmal die Position, dass Paid Content im Internet den Journalismus zerstören würde: „Ich denke, die einzige Hoffnung für den Journalismus ist es, sich nicht hinter Bezahlmauern („Pay Walls“) einzuschließen. Dies zerstört genau jenes neue Potenzial, das der Journalismus heute hat.“ Und: „Es geht darum, mehr über den Journalismus nachzudenken als über Geschäftsmodelle.“ Viele deutsche Chefredakteure sehen das genau umgekehrt. Mein Eindruck von Tagungen und Diskussionen mit Chefredakteuren in den vergangenen Monaten: Der starre Blick auf Geschäftsmodelle blockiert das Nachdenken über Innovationen im Journalismus.
Neue Studie zum Journalismus im Internet: Blogger erbringen punktuell journalistische Leistung und ergänzen den professionellen Journalismus
20. Mai 2009 um 11:43 | Veröffentlicht in Internet, Journalismusforschung, Journalisten, Kapitel_4, Kapitel_6, Kapitel_7 | 2 KommentareZwischen bezahltem – also profesionellem – Journalismus, Bloggern und Nachrichten-Suchmaschinen besteht weniger ein Konkurrenzverhältnis, sondern vielmehr eine vielschichtige, sich gegenseitig ergänzende Beziehung. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie, welche die „Vermittlungsakteure, -strukturen und -leistungen der aktuellen Internetöffentlichkeit“ drei Jahre lang untersucht hat. Die Autoren Christoph Neuberger, Christian Nuernbergk und Melanie Rischke haben dazu ein Buch veröffentlicht sowie einen kostenlos zugänglichen Beitrag für die Zeitschrift Media Perspektiven. Das Buch besteht aus mehreren Einzelbeiträgen, welche über die DFG-finanzierte empirische Studie hinaus gehen; so ist dort z.B. auch ein Beitrag des australischen Forschers Axel Bruns veröffentlicht („Vom Gatekeeping zum Gatewatching“).
Empirisches Kernstück der Studie war eine Befragung von 503 journalistischen Internet-Angeboten, der eine Vollerhebung vorausgegangen war. Blogger erbringen demnach punktuell journalistische Leistungen und sie sind für die journalistische Recherche wichtig geworden.
„Durch die wechselseitige Thematisierung und Kommentierung beeinflussen sich journalistisch-professionelle und partizipative Angebote. Die Nutzerbeteiligung auf journalistischen Websites erscheint allerdings noch als Experimentierfeld. Die eigentliche Bedrohung des Internets für den professionellen Journalismus wird nicht auf dem Publikums-, sondern auf dem Werbemarkt gesehen: Neue Werbeträger im Internet stellen die Querfinanzierung des Journalismus durch Werbeerlöse infrage.“
nachrichten.de geht im Juni online: eine Bündelung der News-Ströme im Web
20. Mai 2009 um 11:08 | Veröffentlicht in Internet, Kapitel_4, Kapitel_7 | 1 KommentarIm Juni will focus.de mit dem neuen Angebot nachrichten.de auf den Markt kommen. Zunächst hatte man mit einem Projektstart im April gerechnet (vgl. BDZV-Mitteilung). Chefredakteur Jochen Wegner erzählte am Samstag am Rande des Süddeutschen Journalistentags, dass zurzeit noch ein paar Dinge optimiert würden, und zeigte die aktuelle Version auf seinem iPhone in die Runde: nachrichten.de sieht ein wenig so aus wie focus.de – arbeitet aber ganz anders und bietet einen ganz anderen Service. Die Plattform wird ohne Journalisten auskommen: Eine Maschine bündelt aktuelle Nachrichten aus vielen journalitischen Websites – also ein wenig so wie news.google.de, aber noch viel mehr: Es werden z.B. auch Themendossiers gebündelt oder Themenkarrieren können verfolgt werden. Es ist – wie Jochen Wegner früher schon mal sagte – ein „Durchlauferhitzer für Journalismus, von dem alle Nachrichtenangebote gleichermaßen profitieren“. Die Beiträge selbst sind ja nur verlinkt. Traffic wird durch nachrichten.de also auf die ursprünglichen Websites gelenkt.
Focus.de hat sich bei der Entwicklung nicht nur von news.google.de inspirieren lassen, sondern auch von daylife.com. Ich bin sehr gespannt, wie der Algorithmus funktoniert, ob die Entwickler die Nachrichtenströme des Webs richtig eingeschätzt und die Relevanzkriterien sinnvoll definieren konnten (Wegner: „Wir haben beim Programmieren sehr viel über Nachrichten und Journalismus gelernt.“) Vielleicht wird man anhand des Angebots dann noch stärker transparent nachvollziehen können, wie Dutzende Redaktionen voneinander abschreiben und wie journalistische Hypes entstehen und vergehen (wie z.B. jüngst die Schweinegrippe).
Redaktionelle Konvergenz in der Schweiz
20. Mai 2009 um 10:24 | Veröffentlicht in Öffentlich-rechtliche, Internet, Kapitel_4, Kapitel_7, Newsroom, Qualität, Redaktion, Zeitung | Kommentare deaktiviert für Redaktionelle Konvergenz in der SchweizRedaktionen werden auch in der Schweiz immer mehr plattform-übergreifend organisiert. Ein Beispiel ist das „Bieler Taglatt“ (ein vergleichsweise kleines Medienhaus), das vor kurzem unter Chefredakteurin Catherine Duttweiler in einem Newsroom/an einem Newsdesk die Tageszeitungen „Bieler Tagblatt“ und „Journal du Jura“, das Lokalradio Canal3, das Regionalfernsehen Telebielingue sowie sechs Online-Plattformen zusammengeführt hat.
Der Verband Schweizer Presse hat die aktuellen Trends aufgegriffen und vor einer Woche das Dossier „Newsroom. Redaktionsorganisation im Wandel“ veröffentlicht, in dem neben grundsätzlichen Informationen z.B. von Dietmar Schantin (IFRA – Newsplex) und mir auch Daten und Fallbeispiele aus der Schweizer Medienlandschaft analysiert und vorgestellt werden.
Auch die öffentlich-rechtliche Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft SRG hat das Thema Medienkonvergenz ganz oben auf der Agenda, nachdem der nationale Verwaltungsrat der SRG im März die Zusammenlegung von Radio, Fersehen und Online beschlossen hat. Im Grundsatz aus ökonomischen Gründen, weil die Gebührengelder und Werbeeinnahmen die Kosten nicht mehr decken. Doch wie diese beschlossene Zusammenlegung im Detail in den Redaktionen verwirklicht werden soll – „darüber gibt es fast täglich Konferenzen“, erzählten SRG-Journalisten gestern beim Seminar „Medienkonvergenz: Schock oder Chance?“ in Zürich. Wir konnten die SRG-Multimedia-Redaktion besuchen, die gerade mit der TV-Tagesschau-Redaktion zusammengelegt wird. In den Gesprächen wurde wieder einmal deutlich, dass eben nicht nur ökonische Gründe und Sparzwang zu konvergenten Redaktionen führen – sondern auch und vor allem das geänderte Nutzungsverhalten: Hansjörg Wilhelm, Leiter der Tagesschau-Multimedia-Redaktion sagte: „Das lineare Fernsehen ist ein Auslaufmodell.“ Immer mehr Journalisten – und vor allem alle künftigen – müssten für die TV-Sendung Tagesschau und für das Web arbeiten. Nur so können Sie in Zukunft ein breites (und junges) Publikum erreichen.
Fehlerkorrektur im Journalismus: sueddeutsche.de zeigt, wie man’s nicht macht
18. Mai 2009 um 15:14 | Veröffentlicht in Ethik, Internet, Kapitel_7, Qualität, Redaktion, Zeitung | Kommentare deaktiviert für Fehlerkorrektur im Journalismus: sueddeutsche.de zeigt, wie man’s nicht machtFehler offensiv zu korrigieren und zu erklären – das müssen Redaktionen in Deutschland erst lernen. Im Gegensatz zum Journalismus in den USA und in Großbritannien. Weil immer wieder Fehler beim Korrigieren von Fehlern passieren, hier einmal eine kleine Studie, aus der man lernen kann, wie man’s nicht macht. SZ-Autor Willi Winkler hat am 13. Mai auf der Medienseite der Printausgabe darüber gelästert, dass beim Spiegel-Shop auch Nazi-Literatur bestellt werden kann. Dass auch die Süddeutsche Zeitung und andere Verlagshäuser Bücher verkaufen und damit alle in Deutschland gehandelte Literatur, war dem Autor entgangen. Der Beitrag wurde auch auf sueddeutsche.de veröffentlicht.
- In der Printausgabe wurde der peinliche Lapsus offensiv und mustergültig am nächsten Tag korrigiert (SZ vom 14.5., S. 15).
- Auf der Website sueddeutsche.de wurde dagegen der Winkler-Beitrag einfach ohne Erklärung gelöscht.
- Dafür wurde die Print-Korrektur online veröffentlicht – also zu einem Artikel, der ja gar nicht mehr online stehen sollte.
- Im Jugendangebot der Süddeutschen Zeitung ist dagegen der urspüngliche Beitrag noch online. Es fehlt allerdings ein Link zur Korrekturseite.
- Vorbildlich: Die „jetzt.de“-Redaktion hat die Nutzer-Kommentare unter dem Beitrag nicht gelöscht. Dort passiert dann die Transparenz, die man sich eigentlich von der Redaktion erwartet hätte.
Was wir daraus lernen? Transparenz ist ein Qualitätskriterium des Journalismus, das gerade im Internet zunehmend wichtiger wird. Redaktionen sollten Fehler offensiv korrigieren, Nutzerkommentare dazu dankbar aufgreifen und auch auf Kritiker verlinken. Transparenz schafft Glaubwürdigkeit – nicht nur in Politik und Wirtschaft, sondern auch im Journalismus.
SZ-Magazin: Fackelzüge zur Zukunft der Zeitung
7. Mai 2009 um 13:27 | Veröffentlicht in Internet, Journalisten, Kapitel_4, Kapitel_7, Qualität, Zeitung | Kommentare deaktiviert für SZ-Magazin: Fackelzüge zur Zukunft der ZeitungQuerverweis auf meinen Beitrag im Journalismus-Darmstadt-Blog: Das aktuelle SZ-Magazin ruft unter der Schlagzeile „Wozu Zeitung?“ zu „Fackelzügen von Journalisten und Druckern“ auf. Das hat uns wieder einmal zu einer kleinen Bastelanleitung inspiriert, wie man journalistisch mit Fragen zur Zukunft des Journalismus umgeht. Mein Kollege Thomas Pleil betrachtet das Ganze unter dem PR-Aspekt, wünscht sich aber lieber guten Journalismus statt eine PR-Kampagne.
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