Journalismus 3.0: Trend Datenjournalismus
9. September 2011 um 10:36 | Veröffentlicht in Internet, Kapitel_5, Kapitel_7, Qualität | 5 KommentareWas kommt nach dem Web 2.0? – Seit Jahren gibt es etliche Spekulationen, wie sich das Internet und der Online-Journalismus weiter entwickeln werden. Ein Trend zeichnet sich immer deutlicher ab: ein Journalismus, der Datensätze anschaulich visualisiert – nicht nur in zweidimensionalen Infografiken, die in den 90er Jahren entwickelt wurden, sondern vor allem in interaktiven Grafiken, in denen die Nutzer navigieren und sich die Daten auf eigene Weise erschließen können.
Im Lehrbuch „Journalistik“ stelle ich die Berichterstattungsmuster des Journalismus vor. Der neue Datenjournalismus gehört zum Typus des Präzisionsjournalismus, der schon 1973 von Philip Meyer (University of North Carolina at Chapel Hill) im Buch „Precision Journalism“ beschrieben wurde: Der Journalist bedient sich (sozial-)wissenschaftlicher Methoden, um auf Basis wissenschaftlich erhärteter Faktizität präziser berichten zu können. Das Rollenbild ist dann nicht der „Vermittler“ (wie im „Objektiven Journalismus“) oder der „Wachhund“ (wie im Investigativen Journalismus), sondern der „Forscher“. Neue Methoden erweitern die Möglichkeiten und beziehen zum Beispiel die Nutzer in die Datensammlung mit ein (Stichwort „Crowdsourcing“).
Wer sich näher damit beschäftigen und lernen möchte, was einen guten Datenjournalismus ausmacht, der findet inzwischen viele Ankerpunkte im Internet. Einige Beispiele:
- Journalistik-Studierende der Hochschule Darmstadt haben unter Leitung von Annette Leßmöllmann und Lorenz Lorenz-Meyer ein umfassendes Dossier zum Datenjournalismus recherchiert und aufbereitet.
- Die Redaktion von Zeit online zeigt seit geraumer Zeit immer wieder gute Beispiele zum Datenjournalismus (z.B. über die Todesopfer rechter Gewalt oder das Umfeld von Kernkraftwerken). In einem „Data-Blog“ begleiten sie die Projekte und erzählen über Erfolgsfaktoren und „How to do“. Jüngst hat Lorenz Matzat Bilanz gezogen („Datenjournalismus ist eine große Chance“) und in einem Interview über seine Erfahrungen berichtet („Viele hadern noch mit der Idee Open Data“).
- Ein Beispiel, das in den letzten Wochen oft erwähnt wurde, sind die „Hurricane Tracker“ us-amerikanischer Medien (vgl. z.B. von der NY Times).
- Das „eu-parlameter“ von zdf.de ist ein herausragendes Beispiel, wie Datenjournalismus Transparenz in politische Zusammenhänge bringen kann – eine ureigene Aufgabe des Journalismus.
- Viele Beispiele werden auch im „Datablog“ des Guardian gezeigt und erklärt.
Nachtrag (26.9.): Zeit online hat mit einem Datenjournalismusprojekt einen der renommierten Online Journalism Awards gewonnen. Herzlichen Glückwunsch!
Zweite Auflage des Lehrbuches „Journalistik“ erschienen
31. August 2011 um 10:38 | Veröffentlicht in Allgemein | Kommentare deaktiviert für Zweite Auflage des Lehrbuches „Journalistik“ erschienenIn diesen Tagen ist die zweite Auflage erschienen: Ich habe Daten, Hinweise auf Forschungsergebnisse und Literaturangaben durchgehend aktualisiert. Zudem konnte ich nun die Fehler ausbessern, auf die mich freundliche Leserinnen und Leser hingewiesen hatten (Feedback). Ich freue mich über weitere Tipps und Hinweise, Lob und Kritik.
Henri-Nannen-Preis aberkannt – Begründung: mangelnde Transparenz
10. Mai 2011 um 9:44 | Veröffentlicht in Ethik, Kapitel_7, Qualität | Kommentare deaktiviert für Henri-Nannen-Preis aberkannt – Begründung: mangelnde TransparenzGestern noch habe ich von unserer neuen Studie zu „Transparenz und Vertrauen“ berichtet. Nun ist das Thema plötzlich im Medienjournalismus aktuell geworden: Die Jury des Henri-Nannen-Preises hat dem Spiegel-Redakteur René Pfister den Preis für die beste Reportage („Am Stellpult“) aberkannt. In der Einstiegspassage hatte der Autor eine szenische Rekonstruktion geschildert, die er selbst nicht beobachtet hat. Aus der Begründung der Jury:
„Nach der Jury-Entscheidung wurde durch eigene Bekundung Pfisters bekannt, dass die Eingangspassage der preisgekrönten Reportage, eine detaillierte Schilderung von Seehofers Umgang mit seiner Modelleisenbahn im Keller seines Ferienhauses, entgegen dem Eindruck der Leser und aller Juroren nicht auf der eigenen Wahrnehmung des Autors beruht. Die Glaubwürdigkeit einer Reportage erfordert aber, dass erkennbar ist, ob Schilderungen durch die eigene Beobachtung des Verfassers zustande gekommen sind, oder sich auf eine andere Quelle stützen, die dann benannt werden muss.“
Ein klarer Fall mangelnder Transparenz. Gerade im Print-Journalismus kann Quellentransparenz zu mehr Vertrauen und Glaubwürdigkeit führen – so das Ergebnis unserer Studie. Der Spiegel sieht das anders. Meedia fasst die Kritik in einer kommentierenden Analyse zusammen. Sollten der Spiegel – und im Grunde genommen alle Printmedien – das Jury-Urteil und die Ergebnisse unsere Studie ernst nehmen, dann muss künftig so manche szenische Schilderung, so mancher szenische Einstieg anders geschrieben werden. „Szenische Rekonstruktionen“ sollten offen gelegt oder ganz vermieden werden. In unserer Studie verweisen wir z.B. darauf, dass ein Feature-Autor in einem „Methods Block“ oder in Fußnoten seinen Rechercheprozess erklären und die Quellenlage kritisch einordnen kann. Auch in Zeitung oder Zeitschrift können dafür Fußnoten verwendet werden – wie etwa bei der Serie „Enrique’s Journey“ der Los Angeles Times, die 2002 einen Pulitzer-Preis gewann.
Im Übrigen gibt es immer mehr Journalisten, die mehr Transparenz im Journalismus fordern – zum Beispiel neuerdings die Medienjournalistin Ulrike Langer in Ihren „5 Thesen zur Zukunft des Journalismus“, die sie bei der 20-Jahre-Feier von „B5 aktuell“ als Keynote vorgetragen hat und bei denen sie sich stark auf Jeff Jarvis bezieht (vgl. z.B. (1) oder (2)).
Nachtrag I (13.5.): Eine Studie eines Forscherteams um Michael Haller (Uni Leipzig) bestätigt unsere Thesen: Sie legten 45 Lesern den betreffenden Spiegel-Artikel vor und fragten überwiegend nach der Glaubwürdigkeit der Geschichte. Michael Haller:
„[…] Rund vier von fünf Testlesern (38 von 45) gaben an, dass sie beim Lesen gern gewusst hätten, woher der Verfasser seine Informationen hat (»im Text sollte genannt werden, woher die Informationen stammen«); nur ein Viertel fand, dass der Verfasser vom Quellenschutz Gebrauch machen darf.
Fazit: Für die meisten Leser ist das Problem der vorgespielten Authentizität nicht entscheidend; wichtiger ist ihnen die Quellentransparenz: Sie wollen dem Autor nicht blind vertrauen.[…]“
Nachtrag II (13.5.): Der Autor René Pfister hat in einem Interview Stellung genommen und verteidigt den Spiegel-Standard, den man in vielen Spiegel-Texten findet: „Dass man aus Erfragtem, Erzähltem und Gelesenem eine Schilderung macht, ist absolut übliches journalistisches Handwerk.“ Und er gibt zwar zu, dass man diskutieren kann, ob man im Einstieg mit einem Satz noch deutlicher hätte machen können, dass die Schilderung auf Recherche beruht. Er geht aber nicht so weit zu fordern, dass man alle Quellen offen legen sollte, aus denen die Informationen stammen. Es ist eben das alte Spiegel-Problem (und Problem auch anderer Medien), dem Publikum vorzuspielen, man wisse ja alles und habe auch alles überprüft – die siebte W-Frage „Woher?“ wird dabei bewusst ignoriert. Dabei will es das Publikum wissen, sonst glaubt es der Geschichte weniger.
Mir scheint, es ist ein Problem der Systems. Der Autor hat sich konform verhalten und wird jetzt stellvertretend abgewatscht. Dass er das ungerecht findet, ist nachvollziehbar.
Neue Studie zu Transparenz und Vertrauen im Journalismus
9. Mai 2011 um 11:35 | Veröffentlicht in Ethik, Internet, Journalismusforschung, Kapitel_1, Kapitel_5, Kapitel_7, Qualität, Redaktion | 3 KommentareWie können Journalisten Transparenz gegenüber ihrem Publikum herstellen? Und: Schafft Transparenz tatsächlich mehr Vertrauen in Redaktionen und journalistische Produkte? – Transparenz ist zu einem neuen „Buzzword“ geworden und liegt im Trend der digitalen Öffentlichkeit, ist aber nicht eindeutig, sondern widersprüchlich und komplex zu bewerten. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie, die ich zusammen mit Julius Reimer und Studierenden am Institut für Journalistik der TU Dortmund zwischen Oktober 2009 und Juli 2010 durchgeführt habe. Die Forschungsergebnisse sind nun in einem Aufsatz in der Fachzeitschrift Publizistik erschienen. Der Beitrag ist an vielen Unis aus dem Campusnetz heraus kostenlos abrufbar (das Abstract für alle sichtbar).
Ich habe mich in diesem Blog schon häufig mit Transparenz beschäftigt und einige Möglichkeiten beschrieben, wie Journalisten transparenter mit ihren Nutzern umgehen können. Eine Möglichkeit ist z.B. die „Live-Reportage“, bei der Journalisten ihren gesamten Rechercheprozess offenlegen – noch vor der „eigentlichen“ Veröffentlichung (ein Beispiel). Für den Aufsatz haben wir nun systematisch zusammengetragen, welche Chancen und Risiken es dabei gibt. Vor allem muss man unterscheiden zwischen Produkt und Prozess: Bei der Produkt-Transparenz benennen Journalisten die Quellen und deren Interessen (z.B. durch Links zu Quellen). Die redaktionelle Transparenz oder Prozess-Transparenz lässt das Publikum in die redaktionellen Abläufe und Entscheidungen blicken (z.B. in Blogs und Foren zum redaktionellen Arbeiten wie z.B. im Tagesschau-Blog) – man berichtet in gewisser Weise über sich selbst, was nicht unproblematisch ist. In der Studie denken wir über Qualitätsmaßstäbe für diese Selbstberichterstattung nach: Das Ideal der „Objektivität“ wird ersetzt durch „offene Selbstreflexion“. In den Redaktionen ist ein Diskussionsprozess darüber nötig, was „gute“ und „schlechte“ Selbstberichterstattung ist.
Immer wieder wird behauptet, Transparenz führe zu mehr Vertrauen, weil sie Qualitätsbewertungen durch das Publikum ermöglicht. Dies haben wir in einer empirischen Studie erstmal überprüft. Es ist nicht möglich, hier alle Ergebnisse im Detail wiederzugeben, aber ein Ausschnitt aus dem Fazit soll die Erkenntnisse exemplarisch zeigen:
Bisher empirisch nicht belegte, aber vor allem in der Ratgeberliteratur immer wieder behauptete Annahmen müssen künftig deutlich vorsichtiger und differenzierter betrachtet werden: Links zu Quellen im Online-Journalismus zum Beispiel sind nicht grundsätzlich vertrauenswürdiger, sondern wirken vor allem in Kombination mit redaktioneller Offenheit. Im Print-Journalismus dagegen bringen Selbstdarstellung und die Nennung von Kontaktmöglichkeiten des Autors (vgl. Initiative Tageszeitung 2007) keinen Vertrauenszuwachs; vielmehr sollte in Beiträgen offen mit Quellen umgegangen werden.
Einschränkend ist allerdings zu sagen, dass die gefundenen Korrelationen in der Regel eher schwach ausgeprägt sind. Und es wurde auch nur der Effekt eines einmaligen Einsatzes von Transparenz-Elementen gemessen. Es ist jedoch plausibel anzunehmen, dass Vertrauen langsam über wiederholte positive Erfahrungen aufgebaut wird. Selbst-Transparenz von Redaktionen könnte so bei mehrfachem Gebrauch durchaus zu einem stärkeren Vertrauenszuwachs in ein journalistisches Produkt und in eine Redaktion führen – vor allem im Kontext eines umfassenden Qualitätsmanagements. Dafür haben wir erste Indizien gefunden; der Zusammenhang müsste indes mit einem anderen, eventuell längerfristigen Forschungsdesign nicht im Labor, sondern im Feld weiter untersucht werden.
Nachtrag (20. 3. 2012): Experimentelle Projekte zur transparenten Redaktion werden immer zahlreicher. Ein aktuelles Beispiel: Das ZEITmagazin startet die Aktion „Das Heft Ihrer Wahl“ und ruft seine Leserinnen und Leser in der kommenden Ausgabe Nr. 13 vom 22. März 2012 dazu auf, Themenvorschläge auf einer speziell entwickelten Website einzugeben, zu diskutieren und darüber abzustimmen. Die Redaktionskonferenz dazu am 7. Mai 2012 wird per Live-Stream übertragen. Das Heft erscheint am 21. Juni 2012.
Neue TV-Senderdatenbank
9. Mai 2011 um 10:35 | Veröffentlicht in Kapitel_4, Medienökonomie | Kommentare deaktiviert für Neue TV-SenderdatenbankDie Landesmedienanstalten haben ihre Fernsehsender-Datenbank überarbeitet und aktualisiert. Für die Recherche zu allen bundesweit empfangbaren privaten und öffentlich-rechtlichen Fernsehsendern ist das Tool auf jeden Fall zu empfehlen.
Ansehen der Journalisten tatsächlich gestiegen?
29. April 2011 um 10:23 | Veröffentlicht in Journalismusforschung, Journalisten, Kapitel_3 | 2 KommentareDas Institut für Demoskopie Allensbach fragt alle paar Jahre in repräsentativen Bevölkerungsbefragungen nach dem Ansehen ausgewählter Berufe – dieses Mal mit einer überraschenden Erkenntnis: „Journalisten haben im Vergleich zur vorhergehenden Untersuchung deutlich an Ansehen gewonnen“, heißt es in einer Pressemitteilung vom April 2011. Die Resonanz? Das NDR-Medienmagazin ZAPP berichtet über die Studie, erwähnt das überraschende Ergebnis aber nicht, sondern stellt im Gegenteil fest: „… eigentlich haben Journalisten einen wirklich schlechten Ruf. Zu diesem niederschmetternden Ergebnis ist gerade wieder die Umfrage eines Meinungsforschungsinstituts gekommen.“
Können wir auf Grundlage dieser Studie tatsächlich etwas über den Wandel des Berufsprestige aussagen? – Vermutlich kaum, denn die Studie hat ein gravierendes methodisches Problem. Folgende Frage wird seit 1966 in einem Mehrjahresrhythmus an die Bevölkerung gerichtet: „Hier sind einige Berufe aufgeschrieben. Könnten Sie bitte die fünf davon heraussuchen, die Sie am meisten schätzen, vor denen Sie am meisten Achtung haben?“ Den Befragten wird dabei eine Liste mit Berufen vom Arzt über den Pfarrer, den Rechtsanwalt, den Ingenieur, den Politiker, den Studienrat bis zum Gewerkschaftsführer vorgelegt. Das Problem ist aber, dass die Liste jedes Mal anders aussieht: Manchmal sind es 22 Berufe (2005), manchmal 17 (2008) oder auch 18 (2011). Und die Berufsbezeichnungen sind auch unterschiedlich: So wandelt sich zum Beispiel der „Lehrer“ (2005) zum „Grundschullehrer“ und „Studienrat“ (2008) und dann wieder zum „Lehrer“ (2011). Es ist natürlich relevant, ob Journalisten zu den fünf Auserwählten gehören, wenn aus 22 oder aus 17 ausgewählt werden soll (und was die Konkurrenz ist). Ein konkreter Vergleich über Jahre hinweg – also eine Tendenz – ist also mit dieser Studie nicht möglich. Nur eine isolierte Momentaufnahme. In diesen Momentaufnahmen landen die Journalisten allerdings regelmäßig in der zweiten Hälfte. Das ist die einzige Konstante. Der Ruf ist zwar nicht der beste, aber auch nicht der schlechteste – schon gar nicht „niederschmetternd“. Interessant ist, dass im Gegensatz zum Journalisten der „Fernsehmoderator“ – wenn er denn auf der Liste steht (wie 2005 und 2011) – immer an letzter oder vorletzter Stelle landet. Und dabei sind wir wieder beim Definitionsproblem: Ist der „Fernsehmoderator“ Journalist?
Audio-Bilder-Geschichte: Die Auferstehung einer totgesagten Erzählform – neue Beispiele
2. Juni 2010 um 8:23 | Veröffentlicht in Internet, Kapitel_5, Qualität | 4 KommentareTotgesagte leben länger. In einer differenzierten und intensiven Diskussion im Januar 2010 wiesen die besten deutschen Produzenten und Analysten von Audio-Bilder-Geschichten (u.a. Fabian Mohr, Fabian Schweyher, Steffen Leidel und Fiete Stegers) darauf hin, dass sich diese neue Erzählform im deutschen Online-Journalismus nicht durchgesetzt hat. Es stimmt, dass sich dieses Format nicht für jede journalistische Geschichte eignet. Es stimmt aber auch, dass Porträts mit Protagonisten, die etwas zu erzählen und zu zeigen haben, sich meist ganz hervorragend für Audio-Slideshows eignen – und zwar besser als Video oder reiner Text+Bild. Porträts im weitesten Sinne: nicht nur über einzelne Menschen, sondern auch über Gruppen, Projekte und Organisationen bis hin zu Kneipen und speziellen Locations.
In den vergangenen Monaten wurden zwei wichtige Journalistenpreise für Audio-Slideshows vergeben: Die Geschichte einer Münchner Kneipe von Matthias Eberl erhielt den Deutschen Reporterpreis. Das Porträt einer ehemaligen DDR-Sportlerin den Axel-Springer-Nachwuchsjournalistenpreis.
In einem Seminar am Institut für Journalistik der Universität Dortmund haben Studierende diese neue Erzählform getestet. Herausgekommen sind Stücke, die ich für ein großartiges Plädoyer dafür halte, dass Audio-Sideshows ein Potential haben, das in der breiten deutschen Landschaft des Online-Journalismus nicht ausgereizt ist. Aber überzeugen Sie sich bitte selbst und geben Sie ein Feedback (entweder hier oder direkt bei Pflichtlektuere.com).
Wir haben vielfältige Erkenntnisse gewonnen. Unter anderem: Erkenntnis I: Man muss eine singuläre und emotionale Story erzählen, die nicht nur gute O-Töne und Atmo bietet, sondern auch gute Fotos. OK – diese Erkenntnis ist nicht neu. Sie kann aber nicht oft genug betont werden. Man darf sich nicht in zu komplexen Geschichten verstricken, kann aber dem porträtierten Menschen ganz nahe kommen – ich bin fest davon überzeugt, dass man ihm näher kommen kann als mit einer Video- oder TV-Geschichte. Erkenntnis II: Soundslides ist eine wundervolle Software für Einsteiger, hat aber Grenzen. Viele Studierende haben mit Video-Software gearbeitet (u.a. iMovie, Final Cut etc.). Der Einheitlichkeit halber, haben wir alles als YouTube-Video ausgespielt.
Wolfgang Blau: „Dem Journalismus geht es erstaunlich gut”
17. Mai 2010 um 20:57 | Veröffentlicht in Internet, Journalisten, Kapitel_7 | Kommentare deaktiviert für Wolfgang Blau: „Dem Journalismus geht es erstaunlich gut”Heute nur ein Hinweis auf eine erstaunlich gute Analyse von Wolfgang Blau, Chefredakteur von Zeit online. Er schlägt in die gleichen Kerben wie immer wieder auch Alan Rusbridger (Guardian). „Man muss kein Idealist sein, um dem Journalismus ein goldenes Zeitalter vorauszusagen.”
Redaktionelle Transparenz und redaktionelle PR bei der NYTimes: Wie eine Redaktion mit Videos aus der Konferenz für sich selbst wirbt
24. März 2010 um 9:58 | Veröffentlicht in Ethik, Internet, Journalismusforschung, Kapitel_7, Qualität, Redaktion, Zeitung | 1 KommentarÜber redaktionelle Transparenz habe ich hier schon oft gebloggt: über Video-Blattkritik bei der Bild-Zeitung, über offene Redaktionen mit Videos aus Konferenzen und internen Diskussionen in Schweden und den USA und über Transparenz durch Leseranwälte und Redaktionsblogs. Seit 22. März sendet die New York Times ein tägliches Video aus der Redaktion: Der so genante TimesCast ist – wie so häufig bei derartigen Formaten – eine Mischung aus einerseits Transparenz und Offenheit über redaktionelle Entscheidungen und andererseits redaktioneller Public Relations für die Arbeit der Redaktion und die Marke NYTimes. Man kann Ausschnitte aus der Redaktionskonferenz sehen oder bekommt Erklärungen von Journalisten über den speziellen Zugang zu einzelnen Geschichten. Im Gegensatz zu den Videos aus der Redaktion der Nachrichtensendung “Aktuellt” des schwedischen öffentlich-rechtlichen Senders SVT (Projekt 2007-2009 „Offene Redaktion“) hat man bei der NYTimes jedoch den Eindruck, dass es fast ausschließlich um PR geht – und weniger um Offenheit gegenüber den Nutzern über Debatten und Konfliktlinien in der Redaktion.
Es ist noch längst nicht geklärt, wie Redaktionen mit den neuen Möglichkeiten der Transparenz im Internet umgehen sollen – eine neue handwerkliche Frage, aber auch eine ethische Frage. Und eine Forschungsfrage: Führt Transparenz tatsächlich zu mehr Vertrauen? – In Vorträgen (vgl. z.B. 1, 2) und jüngst in einem Buchbeitrag habe ich auf diese neuen Chancen und Risiken hingewiesen (vgl. auch mein Interview im Deutschlandfunk zu diesem Thema).
Mehr über Journalismus nachdenken – nicht über Geschäftsmodelle. Und: Sich nicht hinter Paywalls einschließen
16. März 2010 um 11:07 | Veröffentlicht in Internet, Kapitel_7, Zeitung | Kommentare deaktiviert für Mehr über Journalismus nachdenken – nicht über Geschäftsmodelle. Und: Sich nicht hinter Paywalls einschließenDer Chefredakteur des britischen Guardian, Alan Rusbridger, hat im Vorfeld zur Tagung „Journalism 2020“ in Wien zwei Interviews gegeben, die beide lesenswert sind: für diepresse.com und derstandard.at. Er verteidigt noch einmal die Position, dass Paid Content im Internet den Journalismus zerstören würde: „Ich denke, die einzige Hoffnung für den Journalismus ist es, sich nicht hinter Bezahlmauern („Pay Walls“) einzuschließen. Dies zerstört genau jenes neue Potenzial, das der Journalismus heute hat.“ Und: „Es geht darum, mehr über den Journalismus nachzudenken als über Geschäftsmodelle.“ Viele deutsche Chefredakteure sehen das genau umgekehrt. Mein Eindruck von Tagungen und Diskussionen mit Chefredakteuren in den vergangenen Monaten: Der starre Blick auf Geschäftsmodelle blockiert das Nachdenken über Innovationen im Journalismus.
Der neue Newsroom der Blick-Gruppe in Zürich
16. März 2010 um 10:16 | Veröffentlicht in Kapitel_4, Newsroom, Redaktion, Zeitung | Kommentare deaktiviert für Der neue Newsroom der Blick-Gruppe in ZürichEs gibt einmal wieder eine „größte und modernste Redaktion“: Dieses Mal wurde sie in Zürich eröffnet, gehört zum Verlagshaus Ringier und produziert seit dem 7. März integriert für die drei Boulevard-Zeitungstitel Blick, SonntagsBlick und Blick am Abend (ein Gratisblatt) sowie für die Website Blick.ch – mit einer großen Web-TV-Einheit (14 Videojournalisten, Produzenten und Techniker). Nach Darstellung der Blick-Gruppe reagiert man damit auf den Wandel der Mediennutzung. Marc Walder, CEO Ringier Schweiz und Deutschland: „Die Welt der Medien verändert sich rasend schnell: Menschen konsumieren heute Informationen und Unterhaltung komplett anders als noch vor drei Jahren. Für die Marke BLICK bedeutet das, dass sie 24 Stunden am Tag auf allen Kanälen zur Verfügung stehen muss.“ In einer Darstellung des SonntagsBlick Magazins heißt es: „Redaktoren schreiben nicht mehr einfach Artikel für eine Zeitung. Sie recherchieren und schreiben Geschichten, bevor sie wissen, wo diese erscheinen. Darüber befinden zuletzt die Ressortleiter und Chefredaktoren.“
Interessant ist die Darstellung des Newsrooms im Web: nicht nur Grundrisse der Architektur, sondern auch 360-Grad-Panorama-Bilder zeigen die Arbeitsplätze der 200 Journalisten, Fotografen und Layouter.
Wie meistens bei solchen Projekten wurden auch Arbeitsplätze abgebaut. „Schlankere Arbeitsabläufe und Synergien führten zu einem Abbau von 29 Vollzeitstellen“, hatte Ringier schon im Januar mitgeteilt, später sprach man von 25 Kündigungen und 22 Vollzeitstellen. Der Abbau erfolge hauptsächlich in Produktion, Layout, Bild und Korrektorat. Weniger davon betroffen seien die „schreibenden Ressorts“ der Redaktionen.
Integrierter Newsroom: How to do? – Modelle, Konzepte und die richtigen Fragen
5. März 2010 um 10:39 | Veröffentlicht in Journalismusforschung, Kapitel_4, Newsroom, Redaktion, Zeitung | Kommentare deaktiviert für Integrierter Newsroom: How to do? – Modelle, Konzepte und die richtigen FragenEs gibt nicht das eine, beste und ideale Modell eines integrierten Newsrooms. Aber es gibt Modelle, Konzepte – und die richtigen Fragen, die sich jede Redaktion auf dem Weg zu ihrer eigenen optimalen Organisationsform stellen muss. Diese Punkte fasst Andy Kaltenbrunner in einem lesenswerten Interview zusammen. Andy Kaltenbrunner (Medienhaus Wien) hat zusammen mit spanischen Wissenschaftlern (u.a. José García Avilés) und mir in einem internationalen Forschungsprojekt alte und neue Newsroom-Modelle untersucht. Sein Interview zeigt, dass das Forschungsprojekt nicht nur wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn und Systematisierung gebracht hat, sondern auch konkrete Tipps und Hinweise für Redaktionen in unsicheren Zeiten. (Nachtrag: Auch der Standard, Wien, hat Andy Kaltenbrunner zu diesem Thema interviewt.)
Traumberuf Journalist: Wege in den Journalismus – ein Überblick
7. September 2009 um 10:37 | Veröffentlicht in Journalisten, Journalistik, Kapitel_6 | 1 KommentarNachdem der Pulverdampf der Debatte über einen provozierenden Artikel von Detlef Esslinger zur Ausbildung von Journalisten verraucht ist, möchte ich einen knappen und sachlichen Überblick über die verschiedenen Wege geben, die in den Journalismus führen. Denn auch meine Antwort auf Essingers Text war ein scharf formuliertes Plädoyer für die Journalistik – und kaum geeignet, Schülerinnen und Schüler bei einer sachlichen Entscheidung zu unterstützen, was für jeden persönlich der geeignete Studien- und Ausbildungsweg ist.
Bei der folgenden Übersicht orientiere ich mich an dem Buch „Einführung in den praktischen Journalismus“ (18. Auflage 2008), das Walther von La Roche 1975 erstmals veröffentlicht hat und an dem ich zusammen mit Gabriele Hooffacker seit zehn Jahren mitarbeite.
Wer mehr zu dem Thema wissen möchte, kann das Interview lesen, das ich im Juli für das Jugendnetzwerk fluter.de der Bundeszentrale für politische Bildung gegeben habe: Es ist in erster Linie für Schüler gedacht, die mit dem Gedanken spielen Journalist zu werden (Traumberuf Journalist/in?).
„Den Königsweg in den Beruf gibt es nicht“, schreiben wir in der „Einführung in den praktischen Journalismus“ auf S. 200. Und in der Tat hat man viele Wege zur Auswahl. Continue Reading Traumberuf Journalist: Wege in den Journalismus – ein Überblick…
Wen sich die Süddeutsche Zeitung als obersten Ausbilder leistet. Eine Erwiderung auf Detlef Esslingers Kritik an der Journalistik
25. August 2009 um 12:58 | Veröffentlicht in Ethik, Journalistik, Kapitel_6, Qualität | 37 KommentareJoseph Pulitzer würde sich im Grabe umdrehen, könnte er die Süddeutsche Zeitung lesen. Denn dort leistet man sich einen Detlef Esslinger als obersten Ausbilder. Der ewig-gestrige Redakteur und Volontariatsbeauftragte hat ganz tief in der Mottenkiste der Vorurteile gekramt und ohne zu recherchieren einen hasserfüllten polemischen Artikel gegen die Journalistik als akademische Disziplin veröffentlicht.
Der Zeitungsverleger Joseph Pulitzer musste sich schon 1904 mit solchen Kleingeistern herumschlagen, als er zwei Millionen Dollar der Columbia University in New York vermachte und damit das Fundament für die Gründung eines Journalistik-Studiengangs und eines Journalistenpreises legte. In seinem Kampf gegen vielerlei Widerstände verglich Pulitzer den Journalismus mit der Medizin und der Rechtswissenschaft: Continue Reading Wen sich die Süddeutsche Zeitung als obersten Ausbilder leistet. Eine Erwiderung auf Detlef Esslingers Kritik an der Journalistik…
Neue Studie zum Journalismus im Internet: Blogger erbringen punktuell journalistische Leistung und ergänzen den professionellen Journalismus
20. Mai 2009 um 11:43 | Veröffentlicht in Internet, Journalismusforschung, Journalisten, Kapitel_4, Kapitel_6, Kapitel_7 | 2 KommentareZwischen bezahltem – also profesionellem – Journalismus, Bloggern und Nachrichten-Suchmaschinen besteht weniger ein Konkurrenzverhältnis, sondern vielmehr eine vielschichtige, sich gegenseitig ergänzende Beziehung. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie, welche die „Vermittlungsakteure, -strukturen und -leistungen der aktuellen Internetöffentlichkeit“ drei Jahre lang untersucht hat. Die Autoren Christoph Neuberger, Christian Nuernbergk und Melanie Rischke haben dazu ein Buch veröffentlicht sowie einen kostenlos zugänglichen Beitrag für die Zeitschrift Media Perspektiven. Das Buch besteht aus mehreren Einzelbeiträgen, welche über die DFG-finanzierte empirische Studie hinaus gehen; so ist dort z.B. auch ein Beitrag des australischen Forschers Axel Bruns veröffentlicht („Vom Gatekeeping zum Gatewatching“).
Empirisches Kernstück der Studie war eine Befragung von 503 journalistischen Internet-Angeboten, der eine Vollerhebung vorausgegangen war. Blogger erbringen demnach punktuell journalistische Leistungen und sie sind für die journalistische Recherche wichtig geworden.
„Durch die wechselseitige Thematisierung und Kommentierung beeinflussen sich journalistisch-professionelle und partizipative Angebote. Die Nutzerbeteiligung auf journalistischen Websites erscheint allerdings noch als Experimentierfeld. Die eigentliche Bedrohung des Internets für den professionellen Journalismus wird nicht auf dem Publikums-, sondern auf dem Werbemarkt gesehen: Neue Werbeträger im Internet stellen die Querfinanzierung des Journalismus durch Werbeerlöse infrage.“
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